Wie leicht geht vielen Möchtegern-Führungskräften dieser Satz über die Lippen, wenn das Thema auf die Unternehmensvision oder die eigene, persönliche Zielvorstellung wechselt. Ich möchte nicht über den Urheber dieses Zitats urteilen, da Helmut Schmidt diese Aussage selbst relativierthat. Dennoch wird dieser Satz immer wieder inflationär eingesetzt, wenn es doch um die Zukunft des Unternehmens geht – warum?
Meiner Erfahrung nach verstecken sich viele nur vor sich hin arbeitende Menschen hinter diesem Satz, weil sie ihr Tun nicht an einem konkreten Ziel ausrichten, sondern einfach das tun, was von Ihnen erwartet wird – bzw. was sie glauben, was von ihnen erwartet wird, weil sie vielleicht noch nie etwas anderes gemacht oder gedacht haben.
Von Managern wird jedoch schon erwartet, daß sie irgendeine Vision in petto haben, sonst sind sie ja nicht up to Date! Einmal las ich auf einem Firmenflyer für die Mitarbeiter die Vision der Unternehmensleitung: “ Wir wollen Marktführer der Region sein” Wow! Klingt gut, nur mangels ebenso präsentem Wettbewerb war man dies schon, wenn man nur morgens die Filialen aufsperrte & einfach da war. Also wohin sollte diese Vision führen? In den Status quo, gleichzusetzen mit Stillstand. Somit war es auch egal, dass die aus der Vision abgeleiteten strategischen Ziele “auf Basis der Balanced Scorecard” null Ursache-Wirkungs-Beziehung hatten …
Mein Ansatz zur Umformulierung solch einer Vision war, “Die Besten in diesem Business in der Welt” zu werden & bei der Ableitung der zugehörigen strategischen Ziele dann auch gleich die QM-Maßnahmen neben Finanz-KPI sowie passende Prozesskennzahlen zu entwickeln und zu messen. Aber das ist anstrengend – führen nach Kennzahlen, Anwenden von Qualitätswerkzeugen usw. klingt auf den ersten Blick gut, erfordert aber einen aktiven Einsatz des Managements. Die Führungsebenen müssen all dies erstmal selbst verstehen, Transferleistung auf den eigenen Bereich vollbringen, die damit verbundenen Ansprüche verinnerlichen und Vorleben – bei der Bundeswehr nannten wir dies “Führen durch Vorbild!” Das erfordert neben Einsatz auch Veränderungswillen, den Mut, Dinge in Frage zu stellen, statt “das haben wir doch immer so gemacht” zu akzeptieren – bei sich und anderen.
Wenn das Management diese Basics der Unternehmensführung nicht hinkriegt & die Mitarbeiter nicht zu ständigen Höchstleistungen und Kunden- sowie Wettbewerbsorientierung bereit sind, dann passiert meist sowas in der Art des Absturzes von Nokia oder Blackberry.
Daß eine ambitionierte Vision mit dazu passender Strategie ein Unternehmem auch retten kann, zeigt das Beispiel Apple: nachdem Steve Jobs 1997 wieder als CEO zu dem fast bankrotten Unternehmen zurückkam, stampfte er erstmal die Produkpalette ein & stellte neue Maßstäbe an Qualität und Design – und zwar nicht nur, wie Jony Ive berichtete, bei dem für die Kunden bemerkbaren Geräte-Äußeren, sondern auch im Inneren der Devices, obwohl es dort ein Kunde nie direkt bemerken würde.
Die eigentliche Vision war aber viel größer: schon 2001 schwärmte Steve Jobs vom “Digital Hub” als dem Zentrum aller unserer Aktivitäten. Seien es Dokumente, Musik, Fotos etc – alles sollte überall über unseren eigenen Digital Hub verfügbar sein. Zunächst war der Mac dieser Digital Hub. Man konnte Digicams anschließen, und mit der Einführung von iPod und iTunes konnte man seine Musik so zentral verwalten und verteilen.
Aber Steve Jobs Vision war viel größer, und das Ergebnis der konsequenten strategischen Umsetzung dieses Zielbildes präsentierte Apple 2011, als Steve Jobs iCloud als den wahren Digital Hub vorstellte. Nun konnten Apple Kunden ihre Musik, Filme, eBooks uvm. mittels iTunes in der Cloud von überall in der Welt verwalten und darauf zugreifen. Via icloud.com stehen nicht nur Emails und Adressen gerätebergreifend zur Verfügung, sondern auch Dokumente wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulationen und Präsentationen. Und das ganze vollintegriert in das Apple “Ökosystem”, d.h. wer auf seinem Mac z.B. eine Tabellenkalkulationsdatei erstellt hat, kann diese in Echtzeit mit Numbers auf seinem MacBook oder auch iPad/iPhone weiterverarbeiten & umgekehrt. Alle Änderungen stehen jederzeit auf jedem Device zur Verfügung. Und zwar ohne separate Dateisynchronisation und umständliches Öffnen der passenden Anwendung – einfach Numbers oder eines der anderen iWork Programme starten “and it works”!
Auch wenn ich kein Anhänger dieses Aktienhypes bin, aber eine Wertsteigerung um ca 2.900% im Jahr 2011 sowie die Bewertung als eines der wertvollsten Unternehmen der Welt mit ca 160 Mrd $ Barreserven sprechen auf der Finanzperspektive wohl für sich.
Aber auch die Kunden- sowie Prozessperspektive beweisen alleine schon durch die enorme Kundenzufriedenheit von 87% in den USA sowie beim iPad als dem beliebtesten Tablet den Erfolg dieser Strategie. Und dem Wettbewerb laufen die Kunden weg & rennen Apple die Türen ein!
Genau so wollte ich “meine” ambitionierte Vision samt dazu passender, umsetzungsorientierter Strategie, gepaart mit einem ganzheitlichen Qualitätsmanagement Ansatz, verstanden wissen wollen, als ich einem Vorstand eine Fotomontage seiner Aushängeschild Filiale mit einer Menschenschlange davor präsentierte – damals wusste ich noch nicht, dass dies bei Apple Stores längst Realität ist …